Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Wie erziehe ich meinen Welpen?
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Dor0
Einsteiger-Nase
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Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Dor0 »

Hallo :)
Noch haben wir keinen Welpen, aber ich informiere mich natürlich schon über Welpenerziehung etc.
Über eine Sache bin ich dabei gestolpert: und zwar ist ja hier im Forum oft zu lesen, dass es am Anfang vor allem wichtig ist, den Welpen nicht zu überfordern, sondern viel Ruhe und dass der Aufbau einer guten Bindung das Wichtigste ist, und man dabei viel aufs Bauchgefühl hören soll. Das klingt für mich sehr einleuchtend.
Allerdings liest man dann woanders wieder, der Welpe muss dies und das spätestens bis zur 12. Woche gesehen/erlebt haben, sonst bereitet ihm das später Schwierigkeiten.
Hier: https://lebenmithund.wordpress.com/2012 ... lcherhund/ und hier: http://www.dogstardaily.com/free-downloads
zum Beispiel steht, der Hund solle bis zur 12. Woche mit 100(!!) Menschen spaßbesetzten Kontakt gehabt haben. Aber das heißt ja, wenn der Welpe mit 10 Wochen einzieht, müsste man täglich 5-7 Leute einladen - das ist doch für den Welpen bestimmt total stressig, oder? Und irgendwie kann ich mir auch nicht so ganz vorstellen, dass das so viel bringen soll - reichen da nicht 20 Personen insgesamt auch?

Andererseits ist da halt die Angst, dass der Hund sich dann später schwieriger an all diese Dinge gewöhnt... Und ansonsten wirken die beiden Internetseiten auf mich recht kompetent, der eine ist ja Wissenschaftler...

Was sagt ihr erfahrenen Pudelbesitzer dazu?
Ist das ganze vielleicht doch nicht so widersprüchlich wie ich es mir gerade vorstelle?
Bin dankbar über eure Meinung, Erfahrungen, etc.

Liebe Grüße,
Dor0

Rohana
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Rohana »

Ganz ehrlich? Von solchen Listen halte ich wenig. Wenn man da solch feste Zahlen nett bürstet man sämtliche Welpen über einen Kamm. Das geht gar nicht. Jeder Welpe bringt zunächst mal rassetypische Eigenheiten mit, die man berücksichtigen muss. Dann hat er natürlich noch seine individuellen Charakterzüge. Beispiel: Wenn Du einen coolen, tiefenentspannten Pudel wie meine Kaba gleich zu Anfang mit vielen Menschen in Kontakt bringst wird sie nicht gleich überfordert sein. Sie ist der Typ, der das abpuffert. Wenn Du das mit einem eher ängstlichen Hund machst, dann schockierst Du ihn u.U. fürs Leben statt etwas Gutes zu machen.
Wenn Du nun aber diese Zahl im Kopf hast: Dein Welpe kommt ja nicht als unbeschriebenes Blatt zu Dir. Bestenfalls hat er bei dem Züchter ja auch nicht seine ersten 10 Wochen isoliert verbracht, sondern unter Mamas Fittichen schon einige Menschen, ... kennengelernt.

Zudem glaube ich, dass man oft vergisst, wie viel so ein kleiner Hund jeden Tag an Neuem erlebt, ohne dass man irgendwelche Listen abarbeitet. Geh nur eine kleine Runde um den BlocK: vorm Haus fährt ein Auto vorbei, dann begegnet Euch ein Radfahrer, die Straßenecke duftet nach ganz vielen fremden Hunden, dann spricht Euch ein Mensch an weil die Lütte so goldig ist und will sie streicheln, ein Laster fährt vorbei, irgendwo spielen Kinder,.... Da habt ihr in 10 Minuten schon genug erlebt, um das kleine Gehirn zu beschäftigen :wink: .

Wenn ich Dir mein Lieblingsbuch zu dem Thema empfehlen darf, das einem ein gutes Gefühl für diesen Spagat und den goldenen Mittelweg vermittelt:
'Hoffnung auf Freundschaft. Das erste Jahr des Hundes' von Michael Grewe und Inez Meyer.
Liebe Grüße von
Christiane, Mika und Shari

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Resi
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Resi »

vergiss diese Listen! Lebe dein Leben und nimm den Welpen mit. Anfangs auf dem Arm und wenn er mutiger und größer ist lass ihn selber laufen, wenn du merkst es wird zu viel wieder auf den Arm. Dann schau dein eigenes Leben an und bekomme raus was du zwar ab und an machst aber was eben nicht alltäglich ist. Ein Besuch im Zoo oder in an einer Rinder oder Pferdekoppel, ein besuch auf einem belebten Markt, ein Restaurantbesuch und dein Hund kennt alles was es so gibt. Menschen lernt man mit Welpen mehr kennen als einem lieb ist. Ich hab meinen Hunden immer gezeigt dass diese nicht annährend so spannend sind wie ich weil ich ja später auch keinen Hund haben will der zu jedem hingeht. Ab und an mal ja sagen wenn wer nett fragt ob er knuddeln kann und gut ist.
Pudelverrücktsein ist schön- es kann eben nur nicht jeder...

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Hauptstadtpudel
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Hauptstadtpudel »

Zum einen sind die Welpen sehr verschieden und zum anderen ist auch ihr zukünftiges Umfeld sehr verschieden.

Lass den Welpen/Junghund an deinem Leben teilhaben.
Er "läuft mit" und damit lernt er alles kennen, was ihm in seinem Leben so begegnen könnte.

Gib ihm in diese Zeit ausreichend Ruhepausen und Rückzugsmöglichkeiten, dann kann er lernen und verarbeiten.

Als Beispiel: Ich bin ein Mensch, der gerne einkehrt, vor allem in Cafés. Da kam Bolle "von Anfang an" mit (nachdem er ein Häufchen gemacht hat :wink: ).

Allerdings hatte er in der ersten Woche (er war erst 8 Wochen alt und kam vom Land) nur meine Wohnung, inklusive Balkon und unseren Hof, dann Straße vorm Haus kennen gelernt.

Du wirst sehen, was dein Welpe für einer ist und dann das Programm anpassen...das ist auch mit dem Bauchgefühl gemeint. :D
Liebe Grüße von Katja mit Bolle im Herzen & Jella an meiner Seite

Rumo
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Rumo »

Ich kann da allen nur zustimmen. Solche Listen sind für die Katz, auch wenn sie immer wieder mal auftauchen und groß angepriesen werden.

Dein Hund wird Zeit seines Lebens neue Dinge kennenlernen, das muss nicht alles in den ersten 12 oder 16 Wochen passieren.
Entspann dich, binde den Kleinen in den Alltag ein, gib ihm Schutz und genug Zeit alles zu verarbeiten. Hab ein Auge auf sein Befinden und seinen Charakter.

Ein Hund soll heutzutage so unendlich viel können. Ganz viel passiert aber schon beim Züchter. Ein guter Züchter sucht schon wesensfeste Eltern aus, die ihrem Nachwuchs viel mitgeben. Der Züchter gewöhnt die Kleinen in den ersten Wochen bestenfalls mit Ruhe und wohldosiert an die ersten Eindrücke der Außenwelt.
Und ihr solltet das einfach mit derselben Ruhe und Geduld auf ganz natürliche Weise fortführen. Es macht auch nichts, wenn ihr ein paar Tage weniger macht, auch Ruhe soll gelernt werden. Höre da eher auf deinen Bauch und deine Beobachtungen eures Hundekindes, anstatt Listen abzuhaken. Baut eine Bindung zueinander auf, das ist viel wichtiger.

Letztendlich ist auch nur wichtig zu lernen, was ihr in eurem Leben als wichtig erachtet.
Meine jüngere Hündin hat bis heute zum Beispiel noch nie in einem Zug gesessen, weil ich Zugfahren furchtbar finde.
Müssten wir jetzt spontan in den Zug einsteigen, wäre das wohl (vielleicht nach einem kurzen Gruselmoment) auch in Ordnung. Sie weiß, dass ich sie vor allem beschütze und sie ganz nah bei mir sein und Halt suchen kann. Dann ist einfach alles in Ordnung, selbst wenn sie mit knapp drei Jahren noch nie einen Zug von innen gesehen hat.

Dor0
Einsteiger-Nase
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Dor0 »

Vielen lieben Dank für eure Antworten, das hilft mir das ganze besser zu verstehen!
Und danke Rohana für den Buchtipp, das werde ich gleich bestellen :)

Finde es ganz toll dass ihr euch die Zeit genommen habt meine Anfänger-Fragen zu beantworten!

Liebe Grüße,
Dor0

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Isi
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Isi »

Mir ist noch was eingefallen - ich weiß nicht mehr, ob ich es schon erwähnt wurde :frech:

Das sogenannte Medizin- und Pflegetraining:
Den Hund täglich überall mal anfassen, damit er das als ganz normal erfährt.

Üben, was man später so machen muss mit dem Hund:
- Ohren und Gebiss kontrollieren
- kämmen und bürsten
- in die Wanne setzen/baden
- Kralle kontrollieren, evt. auch schneiden/dremeln (schleifen)
- Kopf anders halten, damit man Augentropfen geben kann
....solche Sachen.

Gut gezogene Welpen gehen neugierig in die Welt und sind "naiv". Sie machen so neue Sachen viel besser mit als ein älterer Hund, dem man das zum 1. Mal abverlangt. Deshalb ist es gut, das Medizin- und Pflegetraining in die Welpensozialistation einzubauen.
...mit Großpudel Greta *11.5.21 an der Seite und Joy im Herzen.
Vom Glück mit Greta: https://shorturl.at/BCIL7

Rohana
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von Rohana »

Da geb ich Dir einerseits recht. Andererseits denke ich, dass man da nicht unbedingt ständig üben muss. Der Hund sollte das mal kennenlernen. Aber wenn man sich beim täglichen Handling - egal worum es grad geht: bürsten, Schmutzfüße abwischen, mal gucken was der Kerl im Maul hat, ... - nicht den Schneid abkaufen lässt, dann ist das schon mindestens die halbe Miete. Also: wenn Du Füße abputzen willst und der Mini windet sich, gibt den 'Aal', beschwert sich,... dann kannst Du natürlich beruhigende Worte finden, aber Du solltest dabei auch mit ruhiger Bestimmtheit tun was getan werden muss. Festhalten, Ruhe bewahren, abwarten bis das Mini sich nicht mehr so windet und dann ganz gelassen weiterputzen :mrgreen: . So lernt das Hündchen, dass es zwar manchmal unangenehme Dinge gibt, dass man um die aber ohnehin nicht herum kommt und dass man genauso gut gleich stillhalten kann.
Liebe Grüße von
Christiane, Mika und Shari

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impala
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Re: Sozialisierung vs. Welpen nicht überfordern

Beitrag von impala »

Hallo, ich habe mir die listen jetzt nicht durchgelesen, aber 100 menschen in den ersten wochen? Wozu soll das gut sein? Meine findet auch so alle menschen toll, so toll, dass sie oft hinrennt und sie anspringen will, was total nervt, aber anderes thema... Ich finde listen auch quatsch, allerdings denke ich schon, dass sie bestimmte dinge bis zur 12. Woche kennenlernen sollte, da ist ein welpe sicher auch mal überfordert, wenn er aber sonst viel zeit zum schlafen und entspannen hat, ist das auch kein weltuntergang. Ich denke es gibt nicht unbedingt probleme, wenn es später ist, aber sie entspannt in vollen kneipen ( beispiel ) sicher schneller, wenn sie als welpe das schon durch hatte. Ich habe sie auch eher von fremden leuten die mit den fingern vorm gesicht rumfummeln und mit hohen stimmen, "wie süß..." quietschen fern gehalten, damit sie nicht lernt zu beißen oder hochzufahren und habe ein im allgemeinen sehr entspanntes pudelkind jetzt. Und das wichtigste: es kommt total auf den hund an, draufgänger oder ängstlicher typ...

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