Hallo Sophie,
sorry, konnte nicht früher antworten, war mal wieder auf einem Seminar zur Weiterbildung Verhaltenskunde
Sophie hat geschrieben:ich bin gerade etwas enttäuscht
Warum bist Du enttäuscht?
von meinem sonst sooo lieben Pudelchen und hätte nie gedacht, dass wir so bald in dieser Rubrik landen.
Sunny hat mich eben ernsthaft angeknurrt und ich hab mich echt richtig erschrocken.
Warum meinst Du, in dieser Rubrik landen zu müssen?
Weil dein Pudel ein ganz normaler Hund ist?
Knurren ist völlig normales Ausdrucksverhalten des Hundes. Was ist an knurren so schlimm?
Dein Hund hat mit Knurren gesagt "hey, ich will jetzt meine Ruhe haben". Darf er das nicht?
Warum nicht?
In einem normalen Canidenrudel - nicht diese Wolfsgruppen oder Hundegruppen, die man früher zu Forschungszwecken zusammengewürfelt hat - darf ein "Rangniedriger" gegenüber einem "Ranghöheren" durchaus Futter verteidigen. Und der Ranghöhere wird das akzeptieren - Ausnahme extreme Hungersnot. Und ich bezweifle irgendwie, dass ihr euch gerade in so einer Hungerphase befindet.
Dann hab ich ihn mal gestreichelt als er dabei war zu kauen und da hat er geknurrt. Vor Schreck hab ich meine Hand weggezogen.
Für ihn war streicheln in dem Moment wohl eher unangenehm, zu aufdringlich.
Warum sollte ein Hund nicht sagen dürfen "hey, das mag ich im Moment nicht"?
Ich sage meinen Hunden doch auch, wenn ich gerade keine Lust habe, sie zu streicheln.
Dann wollte ich es ihm natürlich bestimmt wegnehmen, doch als ich mit meiner Hand in die Nähe von dem Ding kam, hat er richtig geknurrt, dabei so in die Luft geschnappt und seine Lefze ein bisschen hochgezogen. Was hab ich denn nur falsch gemacht und warum reagiert er plötzlich so?
Er reagiert so, weil er ein Hund ist. Und Hunde nun mal nicht mit Worten sagen können "hey, lass das, das ist meins, das hat Du mir doch selbst gegeben, wenn Du mir das nicht hättest geben wollen, hättest Du es doch behalten können. Jetzt gehört es mir und ich will es nicht hergeben".
Ganz konkret - was Du falsch gemacht hast, wenn Du so fragst - Du hast deinen Hund bisher nicht als HUND wahrgenommen, sondern NUR als liebes Pudelchen. Das "liebe Pudelchen" ist aber trotzalledem ein HUND. Mit typisch hündischem Verhalten.
Und dazu gehört auch Futter bzw. Beute zu verteidigen.
Hört sehr gut auf AUS
offensichtlich nicht, denn dann hätte ein AUS genügt und er hätte das Zeug hergegeben.
Meine Hunde bsp. müssen mich nicht anknurren um ihr Futter/ihre Beute zu verteidigen. Wie leo geschrieben hat - ich zwinge meine Hunde nicht dazu, mich als Futterkonkurrenten wahrzunehmen, indem ich ihnen willkürlich einfach mal Futter wegnehme - so was macht kein souveräner "Rudelchef", sondern nur ein unsicherer Tyrann.
Klar - würde ich einfach so nach nem Jahr oder so mal hergehen und meinen Hunden Futter wegnehmen - würden sie vermutlich genauso reagieren - Futter verteidigen. Und der Tag kommt bei JEDEM Hundehalter, dass er von seinem Hund einfordern muss, dass dieser das, was er gerade im Maul hat, hergibt.
Aus diesem Grund trainiere ich von klein auf das "AUS" - und richtig aufgebaut funktioniert das auch mit einem geklauten Wurstbrot oder mit ner toten Maus.
Aber dazu ist wichtig, dass Hund das "AUS" nicht negativ belegt hat von wegen "ich muss meine Beute hergeben" - sonst sind wir wieder im Konkurrenzkampf.
Sondern Hund sollte gelernt haben "AUS - toll, das bedeutet, dass ich evtl. was viel Besseres bekomme, wenn ich meine Beute hergebe, also schnell mal Beute hergeben".
Im Falle des Wurstbrots durfte Little Yanti bsp. das Wurstbrot anschliessend weiterfressen. Im Falle der Maus hatte ich dann doch lieber vorgezogen, sie anderweitig zu bestätigen

.
Hab dann ein paar Kommandos von ihm verlangt, was super geklappt hat.
Wie hängt deiner Meinung nach das Abspulen von Kunststückchen mit deinem Knurr"problem" zusammen?
Wenn er was vor mir findet und es nicht gerade im Gebüsch oder im Dunkeln ist, guckt er mich inzwischen erst an, dann sag ich NEIN und er rennt weg.
Das ist doch toll.
Ich frag mich oft ob man belohnen sollte, wenn er gar nicht dran geht.
Sagt Dir der Begriff "positive Verstärkung" was? Lernen bedeutet quasi - Hund zeigt ein Verhalten, auf das Verhalten folgt direkt und unmittelbar eine Konsequenz. 5 min später Kunststückchen abverlangen ist keine unmittelbar folgende Konsequenz, die kann Hund gar nicht mehr auf sein Verhalten beziehen.
Wenn Du also siehst, dass Hund etwas zu fressen findet, Du sagst nein, er wendet sich ab - BESTÄTIGEN.
Du siehst, dass Hund etwas zu fressen findet und sich von selbst abwendet - PARTY.
Zumindest in diesem jungen Alter.
Ich dachte schon ihr seid jetzt auch alle total schockiert wegen dem Knurren.
Na ja - ehrlich gesagt bin ich schon schockiert - aber eher über dein Erschrecken als über das Knurren deines Hundes

.
Erinnert mich an meine Junghundgruppen früher - die waren auch irgendwie alle immer schockiert, wenn sie feststellen mussten, dass ihre Hunde tatsächlich HUNDE sind

..... nicht, dass ich sie nicht vorgewarnt hätte ......
Ich werde heute gleich anfangen, dass mit den Discs einzukoordinieren und Euch dann natürlich auch davon berichten.
Lass das bitte bleiben da allein rumzupfuschen - um diese Teile vernünftig anwenden zu können braucht es einiges an Wissen über Hundeverhalten und Hundetraining. Andernfalls kann man beim Hund erheblichen Schaden anrichten.
Und dann bedenke mal noch etwas - wie schon oben geschrieben: KNURREN ist kein Verhaltensproblem, sondern ein ganz normales hündisches Ausdrucksmittel.
JEDER Hund, und sei er noch so lieb, hat auch eine aggressive Seite. Aggressionen gehören zum Leben ganz normal dazu.
Hunde als hoch soziale Tiere, die als Raubtiere zudem mörderische Waffen haben (ok, bei einem Zwerg vielleicht nicht ganz so ausgeprägt

), haben in ihrem normalen Verhaltensrepertoire eine ganze Reihe von Eskalations- und Deeskalationsvarianten.
Knurren ist dabei eher in der mittleren Ebene einzuordnen. Bis Hund mal knurrt, sendet er idR schon vorher andere Signale aus - die wir körpersprachlichen Analphabeten häufig genug nicht wahrnehmen.
Nach dem Knurren geht es dann noch in einer ganzen Reihe von Schritten weiter über deutlich Zähne zeigen, verschiedene Formen des Abschnappens, Zupackens, Festhaltens bis hin zu Beissen mit Beschädigungsabsicht.
Verbietest Du deinem Hund das Knurren ..... kannst Du dir mal überlegen, was der nächste Schritt ist.
Du kennst die ganzen Geschichten bei denen Leute erzählen, dass ihre Hunde sie "ohne Vorwarnung gebissen haben"?
Wenn man mal genauer nachhakt, sind das idR Leute, die
a) ihre Hunde nicht lesen können, sprich, denen die kleinen Vorzeichen völlig entgehen
b) ihren Hunden Knurren und weitere Abwehrreaktionen verboten haben
.....
wenn Hund nicht knurren und Zähne zeigen darf und dann mal ernsthaft in Bedrängnis kommt und sich zur Wehr setzt ..... kommt als nächste Stufe ganz schnell das Zupacken bis hin zum Beissen.
Das nur mal so als Überlegung.
Ziel sollte also NIE sein, dem Hund das Knurren zu verbieten, sondern vorausschauend dem Hund beibringen, dass er gar nicht erst knurren muss.
Bsp. indem Hund von klein auf lernt, AUS zu geben. Und zwar nicht beim Spielzeug haltmachen, sondern weitergehen über Kauknochen, Futter usw.
Hund sollte auch nie lernen, dass Napf wegnehmen bedeutet, ihm wird sein Futter weggenommen, oder Frauchen kommt in die Nähe des Napfes = Futter wird weggenommen.
Ich mache das zu Anfang so wie leo. Meine Hunde lernen zuerst "Frauchens Hand in Futternapf ist toll, da kommt dann immer was Leckeres in den Napf". Wenn Hund das gelernt hat - und das lernen sie ganz schnell, nehme mit einem Signal kurz den Napf in die Hand, lege was rein und gut war. Das baue ich soweit aus, bis ich den Napf mit Signal wirklich wegnehmen kann.
Soll heissen, ich übe ganz gezielt alle Situationen, BEVOR ich in die Verlegenheit komme, meinen Hund bsp. dazu zwingen zu müssen, was herzugeben.
Und sollte ich doch mal mit einem Hund in eine Situation kommen, die wir vorher nicht geübt haben - und es kommt wider erwarten dazu, dass Hund mich tatsächlich mal anknurrt ..... dann geht die Welt auch nicht unter - ich für meinen Teil ignoriere das Knurren weitgehend. Ganz sicher bestrafe ich Hund nicht dafür.
Ach ja - und "knurren" ist nicht gleich "knurren". Speziell Little Yanti bsp. knurrt wie ein Weltmeister, wenn es bsp. dran geht, um ein Spieli zu zergeln. Das hört sich für so manchen "Aussenstehenden" durchaus nicht ungefährlich an
