Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

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Moderator: Judith

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Hauptstadtpudel
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Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von Hauptstadtpudel »

Ich hatte kürzlich eine Diskussion mit eine Hundefreundin (nicht hier im Forum :wink: ).

Ich erzählte ihr davon, dass Jella, die in dem Augenblick hinter mir an der Leine lief, von einem Mann getreten wurde, der aus einem Imbiss zu seinem im Halteverbot stehenen LKW rennen wollte. Er muss sie erwischt haben, denn ich hörte sie kurz jaulen, dann aber auch sofort knurren und, ich nenn es mal "Keifen".

Ich meinte dann, bei Bolle wäre das anders abgelaufen, dem stieg ja mal jemand im Bus mit Holzclogs auf die Rute, der jaulte da auf und beschwichtigte die Frau (der das auch sehr leid tat).

Und wie unterschiedlich die beiden im Charakter seien.

Dann begann eine Diskussion darüber, ob das Verhalten von Jella akzeptabel sei.

Es tauchten folgende Fragen auf:

Ist das eine Charakterfrage?
Kann man das durch Erziehung beeinflussen?
Darf der Hund das?


Ich denke, es ist schon eine Charakterfrage, etwas, ich nenn es mal Wehrhaftigkeit, was sie in sich haben oder eben auch nicht.
Natürlich kann man die Beißhemmung trainieren, das habe ich bei beiden Hunden gemacht.
Aber die instinktive, die schnelle Reaktion auf Schmerz (oder auch schon unangenehmer Manipulation) halte ich für eine Charakterfrage.

Meine Freundin meinte, wenn dann mal ein Kind mit einem Stock Jella schlagen würde, und sie sich wehren würde, bekämen wir ein Problem.
Ich meinte, wenn jemand meinen Hund schlägt, bekommt derjenige ein Problem mit mir, egal wie alt er ist.
Davon abgesehen würde ich natürlich verhindern, dass es dazu kommt, wenn es mir möglich ist.
Ich hatte 2 Situationen mit Bolle und in meinen Augen gestörten Kindern, dass ich sehr genau darauf schaue, wie Kinder sich nähern und was sie dabei in der Hand haben.

Sie hat die Meinung, dass ein Hund sich in einer solchen Situation nicht agressiv zeigen darf, schon gar nicht schnappen.

Ich bin der Meinung, dass ein Hund sich durchaus zur Wehr setzten darf, wenn ihm weh getan wird.

Wie seht ihr das?
Liebe Grüße von Katja mit Bolle im Herzen & Jella an meiner Seite

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txakur
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von txakur »

Ich finde, dass grundsätzlich auch jedem Tier das Recht auf Selbstverteidigung zusteht. Und dass es an uns Menschen ist, ihnen einen Rahmen mitzugeben, damit sie mit "Unfällen" umgehen lernen und situationsangemessene Reaktionen zeigen können.

In einer Situation wie Eurer finde ich es angemessen, wenn Jella ihrem Unmut Ausdruck verleiht, wie sie es getan hat. Aus ihrer Sicht war sie vermeintlich sicher (an der Leine), hat brav alles richtig gemacht und ist aus heiterem Himmel 'attackiert' worden. Unangemessen wäre gewesen, wenn sie dem Mann nachgesetzt wäre, um ihn zu zerfleischen.

Und klar ist das eine Charakterfrage, aber da wären wir ja wieder bei dem Punkt, dass es an uns ist, das zu erkennen und ein bisschen zu kanalisieren (bzw. entsprechende Situationen wann immer möglich zu verhindern).

By the way ist das übrigens eine sehr unfaire Erwartung gegenüber Hunden, finde ich. Niemand erwartet das von einer Katze. Und wenn ein Pferd in Panik davonrennt, eine Kuh ihr Kalb schützt oder der Hamster seine Zähne in die Hand haut, die ihn zu grob anfasst, redet keiner davon, dass die sich das halt alles gefallen lassen müssen.
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Rohana
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von Rohana »

Dem schließe ich mich von A bis Z an!

Und ergänze: Auch einem Menschen wird Notwehr zugestanden und ebenso eine Affekthandlung anders bewertet als geplante Taten. Nur unsere Hunde sollen bitte unfehlbar pazifistisch sein bis zur Selbstaufgabe. :bekloppt:
Liebe Grüße von
Christiane, Mika und Shari

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goldi2008
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von goldi2008 »

Rohana hat geschrieben:
Sa Feb 08, 2025 7:20 pm
Dem schließe ich mich von A bis Z an!

Und ergänze: Auch einem Menschen wird Notwehr zugestanden und ebenso eine Affekthandlung anders bewertet als geplante Taten. Nur unsere Hunde sollen bitte unfehlbar pazifistisch sein bis zur Selbstaufgabe. :bekloppt:
Sehe ich genauso!
mit freundlichen Grüßen Dani mit Goldi im Herzen und Quincy

gaertnerin
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von gaertnerin »

Da schliesse ich mich den Vorrednerinnen an!

Ich habe mal irgendwo gehört oder gelesen, dass angeblich manche Rassen bzw. Zuchtlinien für eine Familientauglichkeit extra 'dumm' gezüchtet werden, damit sie keine normalen hündischen Reaktionen zeigen und sich möglichst viel gefallen lassen und bei ungeschickten oder unnetten Aktionen von (kleinen) Kindern eben nicht wehrhaft sind. Angeblich soll das bei Labradoren und Golden Retrievern öfters mal als Zuchtziel angesagt sein.

Sämi2
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von Sämi2 »

Auch ich schliesse mich den Vorschreiberinnen an :klatsch:
Es wäre schlimm wen ein Tier sich nicht wehren dürfte. Das wir verpflichtet sind über Management möglichst viele unschöne Situationen zu vermeiden ist natürlich auch klar. Klappt leider nicht ganz immer.
Erzieherisch daran etwas zu ändern finde ich nicht möglich und nicht notwendig.
Kommentiere ich als Haltein eines Pudels mit extrem kurzer Zündschnur :lol:. Bei ihm kann schon eine Berührung mit dem Fuss unter dem Restaurant Tisch zu sehr lautem Geknurre führen.
Liebe Grüsse von Doris mit Mio und Mayle
unvergessen 🌈Sämi, Ronja und Toya🌈

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txakur
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von txakur »

Sämi2 hat geschrieben:
So Feb 09, 2025 12:01 pm
Erzieherisch daran etwas zu ändern finde ich nicht möglich und nicht notwendig.
Hmm, ganz so pauschal finde ich das nicht. Man kann ja schon daran arbeiten, dass die Duldsamkeit besser wird. Ich würde mich z. B. nicht zufriedengeben mit einem Hund, der sich schon bei einfachen Maßnahmen der Hygiene oder Medizin bedroht fühlt und dann anfängt, sich zu verteidigen.
Und auch was Du beschreibst mit der Berührung(! nicht "schmerzhafter Tritt") unter dem Tisch wäre für mich ein Anlass zum Üben, denn dass man sich im täglichen Zusammenleben mal versehentlich berührt oder auch rempelt, gehört ja dazu. Da kann man dann schon sagen "Au, das hat wehgetan!" oder "Ey, warum weckst Du mich?!", aber doch nicht "Mach das nochmal und ich hau Dir auf's Maul, Alte!"

Ich glaube schon, dass man diese Form von Kommunikation üben und pflegen kann, auch wenn das nicht "Erziehung" i.e.S. ist. Aber das ist trotzdem was ganz anderes, als einen Hund voll in die "learned helplessness" reinzuschicken, damit er immer alles erduldet. Eigentlich das Gegenteil davon, denn wenn das Tier weiß, dass es mit seinen Sorgen und Nöten wahrgenommen wird, kann es sie auch adäquat zum Ausdruck bringen.
Und klar kann der gleiche Hund auch instinktiv zuschnappen, wenn man ihn im Tiefschlaf packt und schüttelt - würde ich an seiner Stelle auch machen.
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Aurelia
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von Aurelia »

Ich halte die Grund-Wehrhaftigkeit eines Hundes für eine Charakterfrage. Da waren meine 4 Püs bisher alle verschieden "drauf". Da können dann natürlich auch noch blöde (und eventuell schmerzhafte) Situationen dazukommen, die die Verteidigungsbereitschaft weiter verstärken bzw. erst zum Ausdruck bringen.

Bis zu einem gewissen Grad, kann man da sicherlich erzieherisch eingreifen. Ob man das tut, hängt m.M.n. mit der jeweiligen Situation und der Notwendigkeit der Maßnahme zusammen. Mit einem Hund, der z. B. schon beim Handling für die Fellpflege zuschnappt, sollte man schon trainieren. Andererseits finde ich es aber auch wichtig, dem Hund die verschiedenen Stufen der Eskalationsleiter zu erlauben und ihn in der Hinsicht nicht zu "verbiegen". Die Leute sind oft empört, wenn ein Hund knurrt...das hat sofort unterbunden zu werden...das darf hund nicht! Aber nur durch das Knurren weiß ich doch, dass der Hund sich in der Situation, so wie sie im Moment ist, unwohl fühlt und kann eingreifen. Wenn ich ihn in einer solchen Lage nur durch ein Verbot "deckele", dann sind wir schnell bei anderen, deutlich unschöneren, Eskalationsstufen. Lieber als das Ausdrucksverhalten des Hundes "umzugestalten", sollte man die Situationen so managen, dass sie für den Hund erträglich sind.


txakur hat geschrieben:
Sa Feb 08, 2025 7:03 pm
By the way ist das übrigens eine sehr unfaire Erwartung gegenüber Hunden, finde ich. Niemand erwartet das von einer Katze.
Ja, das sehe ich auch so und das ärgert mich. Deshalb ist eine Hundehaftpflichtversicherung auch so wichtig. Im Prinzip ist der Hund ja schon schuld, wenn er nur atmet (überspitzt gesagt). Er darf sich nicht reizen lassen (um bei deinem Beispiel zu bleiben, Katja: wenn ein Kind einen Hund schlägt und dieser wehrt sich, ist der Hund schuld), er muss immer gelassen bleiben und nimmernienicht seine tierische Natur "ausleben". Da wird Übermenschliches von einem Tier verlangt!
Liebe Grüße von Aurelia mit Ruby

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Pat
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Re: Wie wehrhaft darf ein Hund sein?

Beitrag von Pat »

Seh ich auch so, wie ihr hier alle schreibt. Ich hab ja ebenfalls ein Exemplar, das sehr gern seine Lefzen zieht und Unmut zum Ausdruck bringt.
Meine Aufgabe sehe ich da zum einen im vorausschauenden Management (Situationen verhindern, abmildern, (vorab) eingreifen) und zum anderen im Training der Toleranzgrenze. Gilt für mich aber vor allem für Situationen in denen das nötig ist, also zB medizinische Behandlung, Körperpflege etc. Alles andere ist für mich ein schöner Bonus, hier respektiere ich seine Grenzen aber, nehme sie ernst und es wäre für unser Leben okay, wenn sie sich nicht mehr verschieben (zB Kontakt mit hektischen Kindern).

Mir ist wichtig, dass er weiß dass ich seinen Unmut wahrnehme, respektiere und entsprechend handel, auch wenn es Situationen gibt, durch die er trotzdem durch muss. Aber mit Respekt und Verständnis klappt das ganz gut.

Bei Hunden die immer alles ertragen sollen hab ich immer Angst wann denen dann doch mal die Sicherung durchknallt. Aber genau wie hier schon geschrieben, Hunden wird das oft nicht zugestanden.
Pat mit Großstadt-Kleinpudel Bobby ♡
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