
Los ging es am Freitagabend mit ca. drei Stunden Theorie. Einiges davon war mir schon bekannt, aber es gab auch viele neue Details. Insgesamt war das Seminar auf die Fragen und Wünsche der Teilnehmer abgestimmt, die wir ihr vorher schon per Mail geschickt hatten. Bis auf ein Halterin-Hund-Team waren alle schon im Vorjahr dabei.
Am Samstag begannen wir dann mit der Praxis. Zuerst starteten wir mit dem Training des Stopppfiffs. Hatte ich mit Raven schon gemacht, aber durch Tanjas Hinweise konnte ich meine Körpersprache dabei verbessern und dadurch ist es für Raven klarer. Ziel ist, dass der Hund auf Signal stoppt und zu einem schaut, um das nächste Signal (i.d.R. eine Richtungsanweisung) zu bekommen. Der Hund soll das Stoppen nicht als Abbruchsignal verstehen sondern als Hilfestellung auf seinem Weg zum Dummy. Hier der Aufbau: Zuerst muss man etwas Distanz zwischen sich und dem Hund schaffen, indem man z.B. ein Leckerchen wirft. Sobald der Hund es gefuttert hat, ertönt der Pfiff. Wenn er schaut, nimmt man den Arm schräg nach vorn oben, mit dem man dem Hund dann die Richtung angeben will. Will man ihn z.B. nach rechts schicken oder er soll für ein Back über die rechte Schulter drehen, nimmt man also den rechten Arm. Ausschlaggebend ist hier, dass der Hund als Bewegungsseher die Armbewegung sieht und nicht schon den ausgestreckten Arm. Mit Arm und Hand stoppt man den Hund, mit dem Pfiff holt man sich seine Aufmerksamkeit! Zudem sollte er zwecks besseren Erkennens die helle Hand leicht schräg von unten sehen können und sie schiebt ihn auch ins "Sitz". (Zwischenbemerkung: Etwas gewöhnungsbedürftig ist diese Geste für mich ja schon) Um das Stoppen zu verankern sollte der Hund sich setzen. Wer markert, tut das jetzt. Ansonsten gleich belohnen, indem man dem Hund ein Leckerchen (das klemmt man vorher schon zwischen Daumen und Handfläche der Stopphand) zuwirft. Entweder knapp hinter ihn oder direkt vor ihn werfen. Der Hund soll nicht auf einen zugehen müssen, um es zu bekommen. Und ein Leckerchen nehmen, das schwer genug ist, damit es wirklich ganz nah beim Hund landet. Die Belohnung erfolgt an dem Ort, an dem der Hund sein soll. Stoppt der Hund später wie festgetackert kann man auf das Sitzen verzichten. Wenn der Hund das Stopp gut beherrscht, kann man zur Belohnung auch einen Ball werfen (Hetzten als Belohnung). Dann aber darauf achten, dass der Hund nicht ohne Auflösung lost düst. So hat man dann noch die Impulskontolle dabei. Bei meinem quirligen Hund werde ich einen Ball als Belohnung vorerst nur nach der letzten Trainingseinheit einsetzen. Wie bei allen Kommandos gilt auch hier, dass der Hund es an vielen Orten und in vielen Situationen üben muss, bis er es gut kann. Das Stopp kann man sehr gut ins Gassigehen integrieren, z.B. wenn er an einer Stelle gerade mit Schnüffeln fertig ist. Und erst nur eine Seite üben und wenn die gut klappt, mit der anderen starten.
Danach kam etwas Auflockerndes: Der Hund sollte einfach nur spielerisch zum Tragen eines Dummys animiert werden. Da der Dummy ja eine Beute ist, ist das Tragen selbstbelohnend und die meisten Hunde sind so recht schnell dazu bereit. Bei Hunden, die mit dem Tragen keine Schwierigkeiten haben, wird das Verhalten gefestigt. Wichtig dabei ist, dass der Hund damit rumlaufen kann, es nicht gleich wieder bringen und abgeben muss. Am Anfang musste ich mit dem Dummy etwas vor Raven herum wedeln, um seine Aufmerksamkeit von den anderen Hunden darauf zu lenken, aber ruckzuck war er mit Begeisterung dabei. Wir sind hin und her gerannt und gesprungen und er hatte die ganze Zeit den Dummy in der Schnauze. Selbst als er zwischen meinen Beinen rumkugelte und Purzelbäume schlug behielt er ihn im Maul bzw. fasste ihn ganz fix wieder, wenn er ihn dabei verloren hatte. Ich fand diese Übung übrigens auch sehr lustig

Nach dem Mittagessen ging es dann mit der Suche weiter. Jedes Team konnte wählen, ob es die kleine Suche (ist mit Einweisen) oder die Freiverlorensuche machen wollte. Da ich mehr über den Trainingsaufbau und die Heranführung des Hundes an die Freiverlorensuche wissen wollte, habe ich diese genommen. Das Gelände von ca. 30 x 30 Metern war durch einem Bretterzaun begrenzt und mit halbhohem Gras bewachsen, durch das sich ein paar Trampelpfade zogen. Der Wind war drehend und kam mal von vorn rechts und hinten links. Tanja hat im Schlangenlinien von links vorne bis rechts hinten mehrere Fallstellen markiert und insgesamt vier Dummys ausgelegt. Ich sollte mir merken, wo die Dummys liegen - war gar nicht so einfach. Als ich Raven das erste mal in das Gelände schickte, ist er etwas verhalten losgelaufen und wirkte leicht verlorenen. Ich bin dann auch in das Gelände und habe ihn durch unser Wortsignal "such verloren" motiviert und ihm durch Gestik (leichtes "Wischen" mit der Handfläche nach unten in Höhe des Hundekopfes) bei der Suche unterstützt bzw. mit ihm zusammen gesucht. Er hat dann aber recht schnell den ersten Dummy gefunden und war schneller wieder aus dem Gelände raus als ich


Am Sonntag trainierten wir dann das "Back". Auch etwas, was wir schon kannten, das aber jetzt noch mal sehr genau begutachtet wurde und es gab noch Verbesserungsvorschläge. Aufbau: Dummy mit dem Hund zusammen auslegen, ein paar Meter entfernen und Hund mit dem Rücken zum Dummy leicht schräg absitzen lassen. Die Schulter, über die er sich nach hinten drehen soll, zeigt schon etwas zum Dummy. Selbst etwas weiter gehen, so dass der Hund einen komplett sehen kann und zum Hund drehen. Hund soll aufmerksam zu einem schauen, dann das Sichtsignal geben, Dazu einen Arm von hinten unten nach schräg vorn bewegen. In etwa, als ob man etwas werfen möchte, aber nicht nach hinten ausholen. Gleichzeitig noch Wortsignal, z.B. "back". Der Hund sollte, sobald er sich dreht, gleich den Dummy sehen, bis er es gut kann. Auch hier viele Wiederholungen, bis man mit der anderen Seite beginnt oder ihn schräg nach hinten schickt.
Danach haben wir noch das Einweisen trainiert. Raven war sehr wild auf seine Dummys und darunter litt anfänglich seine Steadiness. Wurde nach ein paar Misserfolgen (rannte Raven ohne Kommando los, nahm ein Helfer den Dummy weg) besser. Drehen am Bein lief dabei die ganze Zeit super.
(Erläuterung Einweisen: HF weiß, wo der Dummy liegt und schickt den Hund in dessen Richtung. Hund läuft geradeaus los, bis er ein neues Signal erhält. Ist der Hund in der Nähe des Dummys, gibt es den Suchpfiff. Der Hund nimmt die Nase runter und sucht den Dummy.)
Spannend war auch das Training einer 11 Monate alten Jagdhundmixhündin. Sie wollte ihre Beute nicht abgeben. Hier wurde erst mit einem Ball trainiert, damit die Hündin nicht lernt, mit dem Dummy Unfug (z.B. weg rennen) zu treiben. Ball wurde geworfen, Hündin konnte ihn aufnehmen und immer wenn die Hündin sich Tanja (später der Halterin) näherte, bekam sie ein Markersignal. Eine Extrabelohnung entfiel, weil sie ja schon ihre Beute (den Ball) hatte. War die Hündin recht nah bei Tanja, schmiss sie ihr ein par Leckerchen hin. Hund futterte, Tanja nahm den Ball und warf ihn wieder usw. Die Hündin gab den Ball also immer ohne Druck ab. Sie kam sehr schnell immer näher, durfte aber auch nach Herzenslust damit rumkaspern und ein paar Runden drehen, wenn ihr danach war. Hier war die Empfehlung, vorerst nur mit dem Ball zu üben, bis der Ball ohne Druck in die Hand abgegeben wird.
Tanja hat noch viele Fragen beantwortet, ein paar Videos dabei gehabt und von ihren Erfahrungen berichtet.
Für die, die es interessiert, ist hier der Link zu Tanjas Website: http://www.team-sein.at
Sie ist für Seminare mehrmals im Jahr an verschiedenen Orten in Deutschland.
Hier noch ein paar Anmerkungen und Tipps für die, die evtl. auch mit dem Dummytraining beginnen möchten oder es schon getan haben, dabei aber schnell an ihre Grenzen gestoßen sind.
Am aller aller wichtigsten: Es soll allen Beteiligten Spaß machen!!!
Der Apport ist keine einzelne Handlung sondern eine Verhaltenskette. Man sollte jedes Glied dieser Kette für sich üben, bis es sitzt und dann erst die Glieder zusammenfügen. Man kann aber einzelne Glieder parallel üben.
Hier die Glieder am Beispiel Markieren (Dummy wird geworfen, Hund läuft zur Fallstelle und bringt Dummy zurück):
1. Hund befindet sich in der Grundstellung neben einem.
2. Hund wird aufmerksam gemacht und verfolgt Flugbahn des Dummys und merkt sich die Fallstelle.
3. Hund wartet in der Grundstellung auf das Signal zum Apport.
4. Hund läuft nach Signal auf geradem Weg zum Dummy.
5. Hund nimmt Dummy auf.
6. Hund läuft mit Dummy auf geradem Weg zum HF.
7. Hund wartet beim HF auf Signal zum Ausgeben des Dummys.
8. Hund gibt auf Signal den Dummy aus.
9. Hund geht zurück in die Grundstellung.
Diese Kette wird nicht immer so kleinschrittig beschrieben. Ich finde aber, je detaillierter man die ganz Kette betrachtet, desto mehr Stellschrauben sieht man und desto besser erkennt man, welche Leistung der Hund erbringt.
Betrachtet man das Dummytraining als eine nette Freizeitbeschäftigung unter vielen, kann man z.B. auch darauf verzichten, dass der Apport mit dem Einnehmen der Grundstellung abgeschlossen wird sondern sieht die Übung mit der Abgabe des Dummys als beendet an. Vielleicht reicht es jemandem auch, wenn der Hund das Apportel einfach vor seinen Füßen ablegt oder es stört jemanden nicht, wenn der Hund auch mal einen Bogen läuft. Aber selbst dann bleiben immer noch viele Einzelglieder übrig.
Werden dem Hund sofort viele oder gar alle Kettenglieder zusammen abverlangt, klappt es meist an mindestens einer Stelle nicht und der Halter denkt, dass sein Hund in Bezug aufs Dummytraining talentbefreit ist. Fast immer liegt es aber am HF. Natürlich gibt es auch hier bei den Hunden die berühmten Ausnahmen, aber die sind wirklich sehr selten. Welche Glieder und wie lange man sie üben muss, hängt dann natürlich vom jeweiligen Individuum und der eigenen Kommunikationsfähigkeit ab.
Inzwischen mache ich mit Raven seit fast zwei Jahren Apportiertraining und natürlich habe auch ich Fehler gemacht und mache auch immer noch welche. Man kommt ja selbst auch wieder in neue Situationen, die man nicht bedacht und eingeplant hat. Hauptsächlich haben wir aber Spaß und ich lerne dabei ganz viel über meinen Hund, hundliches Verhalten überhaupt und auch über meine Art zu kommunizieren, besonders körpersprachlich. Für meinen Quirl ist es ein gutes Training für den Grundgehorsam und die Impulskontrolle und er kann seine jagdlichen Verhaltensweisen ausleben.
An Literatur für Einsteiger kann ich "Dummytraining Schritt für Schritt: Apportieren leicht gemacht"" von Viviane Theby empfehlen. die einzelnen Bausteine sind dort sehr gut erklärt.
Sehr gut gefällt mir auch ihre Aussage (kann es im Moment nur sinngemäß wieder geben): "Trainiere so bzw. bau Übungen so auf, dass der Hund keine Fehler machen kann!".
Beispiele für Vorüberlegungen:
1) Vor dem Zahnwechsel nicht mit Dummys sondern nur mit weichen Apporteln (können z.B. alte Socken sein) arbeiten. Grund: Während des Zahnens hat der Hund manchmal Schmerzen im Maul und will nichts Festes fassen. Hält man ihm in so einem Moment einen Dummy hin, lernt er, dass er ihn nicht nehmen muss, wenn man selbst nicht mit Zwangsapport arbeiten möchte (davon geh ich aus).
2) Um bei einem Hund die Begeisterung fürs Tragen zu wecken oder zu verstärken und ihn nicht zu frusten, ihm den Dummy anfänglich nicht unter Druck (muss tauschen) abnehmen sondern ihn den Dummy tragen lassen, bis er von sich aus damit ankommt und den Dummy abgibt.
3) Apportieren über Hindernisse (Fortgeschrittene): Beginnt man den Apport über Hindernise zu üben, sollte zu Beginn der Abstand zum Hindernis nicht größer sondern eher kleiner sein, als der Weg drum herum, denn der Hund als Energiesparer wählt den Weg mit der geringsten Anstrengung.
Einen guten Trainer sollte man sich aber auch gönnen, zumindest ab und zu. Literatur kann nicht jede Eventualität abhandeln und vor allem nicht das Team sehen und analysieren.